Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! Ist das so?

Die Welt kommt mir immer mehr oberflächlicher vor. Liest man Zeitungen, unterhält sich mit Menschen, liest Artikel im Internet oder schaut die Nachrichten stelle ich immer mehr fest, dass alles oberflächlicher und manipulativer ist als früher.  Oft, vielleicht gar nicht mal aus Absicht oder bösen Gründen. Die Menschen die die Nachrichten verbreiten machen sich einfach nicht genug Gedanken darüber was sie sagen oder verbreiten. Wie so viele sich keine richtigen Gedanken über ihre eigene Einstellung machen und wie sie dann danach handeln. Viele haben ja auch kaum Erfahrungen gesammelt oder diese reflektiert. Das Reflektieren der eigenen Erfahrungen oder auch anderer Erfahrungen und das sich selber daraus ändern, lässt Menschen wachsen.

Die meisten haben heute, im sogenannten Westen, keine schlechten Zeiten erlebt. Sie glauben es nur. Sie können ja auch meist nur aus Erfahrung ihrer ersten 10 Jahre auf diesem Planeten mit den zweiten 10 Jahren vergleichen. Wirklich schlecht gegangen ist es aber keinen von ihnen. Sicher es gibt Schicksalsschläge, aber die gab es schon immer. Was ich damit sagen will ist, dass jeder seine Situation nur mit sich und seinem Leben vergleicht und dabei Schlüsse zieht die nicht real sein können. Sich in andere hinein versetzen können oder wollen heute viele nicht.

Die Subjektivität hat Einzug gehalten bei der Empfindung was schwer oder leicht ist oder was gerecht oder ungerecht. Überhaupt sind die Empfindungen mancher vollkommen aus dem Ruder geraten. Dieser Tage machen Rechtsradikale in Chemnitz / Deutschland Schlagzeilen. Sie glauben in ihrem kurzen Leben ungerecht behandelt worden zu sein und Flüchtlinge die vor dem sicheren Tod zu uns geflüchtet sind, hätten es besser als sie. Deshalb ergreifen sie die Hand gegen sie und die Politik die angeblich für diese Ungerechtigkeit gesorgt hat.

Aus meiner nun fast sechzigjährigen Zeit auf dieser Erde, ein Witz. Die meisten die dort im Osten Deutschlands leben haben nie etwas selber auf die Beine gestellt und beschweren sich jetzt, dass es anderen subjektiv besser gehen soll als ihnen. Die wenigsten davon sind vor anderen in ein anderes Land geflüchtet. Sollen doch die da in Sachsen mal in ein anderes, fremdes Land mit anderer Sprache und Sitten flüchten. Mal sehen wie sie ihre Meinung ändern würden. Um 180 Grad, mit Sicherheit.

Aber genau das meine ich. Es wird Menschen die keine Lebenserfahrung haben, vollkommen desorientiert sind was die Realität angeht, eine Plattform gegeben im Fernsehen, in den Medien, die dann alle andere mit in einen Strudel an Hysterie hinunter ziehen. Den Menschen in Deutschland und Europa geht es so gut wie nie. Gerade denen die in Sachsen geblieben sind, ihren Arsch nicht bewegt haben, geht es so gut wie nie. Sie sollten sich mal vorstellen, was passiert wäre, wenn die DDR nicht vom Westen aufgenommen und aufgefangen worden wäre.

Im Westen hat keiner, in den 1990ger Jahren, so einen Aufstand gemacht, obwohl die Millionen aus dem Osten, der ehemaligen DDR, die in den Westen „rübergemacht haben“, ihnen die Arbeit weggenommen und die Löhne und Gehälter versaut haben. Ich kann mich persönlich noch daran erinnern, wie der Personalchef so um 1990 zu mir gekommen ist und gesagt hat: „Wir haben jetzt vier Bewerber aus dem Osten die ihren Job für rund 1’000 DM weniger machen wollen.“ Das die damit die Miete nie bezahlen hätten können, wussten die nicht. Und das die weniger qualifiziert waren, hat auch keinen interessiert.

Aber wir sind im Westen nicht auf die Strasse gegangen und haben gegen die aus dem Osten demonstriert. Wir haben es als normale Herausforderung des Lebens gesehen gegen diese Sachlage anzukämpfen. Mit Können und unseren Fähigkeiten, und wir haben es doch geschafft. Dazu brauchten wir keine Rechtsradikalen, keine Demos, keine Politiker. Die meisten sind dann halt Wege gegangen auf denen die anderen nicht folgen konnten. Eine Challenge aber sie hat geklappt. Den Arsch hoch bekommen und weiter machen, fertig.

Was hat das alles mit dem Titel dieses Beitrags zu tun? Das will ich gerne erklären. Ein Bild zeigt immer eine Momentaufnahme, eine Millisekunde des Lebens. Aus nur einem einzigen Blickwinkel. Aus einem anderen Blickwinkel könnte und kann alles anders aussehen. Ein Bild lässt die Interpretation einer Darstellung für jeden selber zu. Das heisst, jeder kann sich in seinem Kopf „in seiner Welt“ vorstellen was vorher oder nachher passiert ist. Ein Bild lässt die Interpretation der Situation für jeden nach Belieben zu. Jeder kann sich sein „eigenes Bild“ machen. Wogegen Worte eine präzise Darstellung zulassen, wenn man denn der Sprache mächtig ist. Eine gute, wörtliche Beschreibung sagt eben mehr als ein Bild.

Und hier genau liegt der Unterschied zwischen der Oberflächlichkeit, die in der heutigen Gesellschaft verbreitet ist und dem was man als seriös bezeichnen kann. Was man als Lebenserfahrung betrachten kann. Wenn ich also im Internet, den Medien und bei Politikern den Satz höre: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ beschreibt das genau die Oberflächlichkeit in der wir heute leben und ich weiss wie falsch sie damit liegen. Nein, ein Bild sagt eben viel weniger als die „richtigen“ tausend Worte. Ein Bild ist eine Zeitaufnahme und keine Beschreibung der Situation. Ein Bild von einem schönen Sonnenuntergang zeigt nur den Sonnenuntergang aber nicht den Müll am Strand hinter dem Fotografen.

Und genau so kommen mir heute die Leute (und hier sage ich bewusst Leute und nicht Menschen) und ihre Meinung vor, die in Chemnitz auf die Strasse gehen. Für mich sind sie und ihre Meinung nur ein Bild, eine Momentaufnahme und morgen wieder verschwunden, weil sei nicht das ganze Bild beschreiben nur einen so winzig kleinen Ausschnitt des Lebens, der Realität und der Situation in Deutschland und Europa. Und wir lassen uns ein friedliches Deutschland und Europa nicht von einer Momentaufnahme, einem Klatschfoto zerstören. Die Welt und die Realität ist viel mehr als das.

Es ist anderen viel mehr Ungerechtigkeit widerfahren als denen. Der Lohnrückgang durch die Wiedervereinigung im Westen war für viele schlimmer, nur darüber redet keiner. Weil wir ja heute in einer toleranten Gesellschaft leben und anderen die es „vermeintlich“ schwer hatten immer helfen.

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