Beschreibung des Films „Inside Job“ von Charles H. Ferguson

Die Zeiten sind betrüblich. Die westlichen Industrienationen stehen vor einem Scherbenhaufen. Die Medien und Politiker schauen bewusst oder unbewusst weg. Die Leidtragenden sind, wie immer, die anständigen Leute die ihr ganzes Leben in normalen Berufen gearbeitet haben. Leider wird in der Öffentlichkeit wenig dafür getan die Dinge aufzuklären und wirkliche Lösungen und Regeln zu finden, die einmal das Dilemma in dem wir uns befinden auflöst und gleichzeitig für die Zukunft Regeln schafft, damit solche Dinge nicht mehr passieren können.

Gute Arbeit von Charles Ferguson

Charles H. Ferguson hat mit seinem Film „Inside Job“ ein bisschen dazu beigetragen, dass für die breite Gesellschaft Licht in das Dunkel kommt. Leider wird der Film nicht oft genug im Fernsehen zu passenden Zeiten gesendet. Wer ihn sonst sehen will muss ihn kaufen oder illegal im Internet runter laden. Ausserdem gibt es nur eine englische Version, eine mit deutschen Untertiteln kursiert im Web. Der Film ist 108 Minuten lang und in fünf Kapitel unterteilt.

Der Plot

Banker, Lobbyisten und Präsidenten der USA machen den Weg für das Desaster frei

Ende der 1990-ger und folgenden Jahre erlauben US-Präsidenten unter dem Einfluss von Lobbyisten Banken und Versicherungen in den USA die Regulierungen für Finanzprodukte aufzulösen. Auf gut Deutsch: „Banken dürfen auf einmal vollkommen hohe Risiken eingehen“ – der Schutz durch die Landesbank FED und die Regierung – also die Steuerzahler wird durch die Regierung trotzdem gewährt und bestätigt. Ronald Reagan hat damit als erster Präsident der USA alle Regeln die nach dem „schwarzen Freitag“ von 1929 – dem Zusammenbruch der US Börse – zum Schutz des Staates, der Finanzen und Bürger, aufgehoben. Ein Freibrief für Banken, Versicherungen und Rating-Agenturen risikoreiche Finanzprodukte zu generieren und damit unglaubliche Mengen von Geld von der einen „grossen“ Gruppe von Menschen zu der anderen „kleinen“ Gruppe von Menschen zu schaffen. Gegen die Warnungen aller Insider folgen die Politiker und Staatsbediensteten immer wieder den Wünschen der Finanzindustrie in den USA und stellen die Weichen in Gesetzen und Regeln für die Finanzindustrie auf grün.

Island trifft es als erstes

Eines der ersten Länder, die diesen Möglichkeiten folgten ist Island. Staatsbanken werden durch die Politiker privatisiert, Regulierung von Bankprodukten werden quasi über Nacht aufgehoben. Es folgt eine exzessiver Kreditvergabe ohne Risiken zu prüfen. Menschen und Unternehmen ohne Rücklagen können sich Unsummen Geld leihen und tun das auch. Viele wundern sich, wieso auf einmal manche Menschen in Luxusvillen wohnen, Luxuskarossen fahren und mit Düsenjets in der Welt herum fliegen. In der schönen Natur Islands werden auf einmal Unternehmen aus dem Boden gestampft, wo sich jeder Fragt, wie sollen die existieren? Alles wird möglich durch die risikofreie Kreditvergabe. Das kleine Land wird mit diesen wenigen Handlungen durch seine Politiker und ein paar Banker an den Rand des Ruins getrieben. Denn natürlich fordern Gläubiger ihr Geld mit Zins und Zinseszinsen zurück. Dann sind aber auf einmal die Banken pleite – weil sie keine Sicherheiten vorbereitet haben, die Kreditnehmer sind meist untergetaucht und der Staat muss mit Steuergeldern einspringen um wenigstens den Opfern der Katastrophe zu helfen. Mit weiteren Geldern der Steuerzahler müssen dann die wenigen noch übrig gebliebenen Banken saniert und die Wirtschaft auf normalen Kurs gebracht werden. Island hat sich bis heute – Ende 2011 – davon noch nicht wieder erholt.

Der Film teilt sich in fünf Kapitel

Teil 1: Wie es dazu kam

Die amerikanische Finanzbranche wurde durch Regeln von 1940 bis 1980 bestimmt und sie war dadurch recht sicher. Danach folgte eine lange Periode der Deregulierung – also Auflösung von Regeln. Am Ende der 1980er Jahre  kostete die erste Krise aus der Deregulierung den US-Steuerzahler etwa 124’000’000’000 US$ = 124 Millionen US$. In den späten 1990 ger Jahren hat der Finanzsektor zwar dann ein paar riesige Firmen konsolidiert, aber die nächste Krise folgte sogleich. Im Jahr 2001 platzte die Internet Aktienblase, weil Investmentbanken jungen Internet-Unternehmen risikoreich Geld geliehen hatten ohne richtige Absicherung zu betreiben. Die Regeln fehlten, die früher vor so etwas geschützt hatten. Bei ersten Anzeichen von Schwäche oder Misserfolg in den Unternehmen wollten Anleger ihr Geld zurück. Da war es aber schon zu spät und das Geld war weg. Das Platzen der Internet-Aktienblase kostet die Anleger 5’000’000’000’000 US$ = 5 Milliarden US$. Gleichzeitig wurden in den 1990 ger Jahren Finanz-Derivate in der Finanzbranche erzeugt und bei Anlegern immer beliebter. Alle wussten, dass sie sich hohe Renditen durch hohe Risiken erkauften. Meist ging der Gewinn an die Anleger und die Verluste und Risiken hatten die Kreditnehmer zu tragen. Die Bemühungen Derivate zu regulieren wurden durch den „Commodity Futures Modernization Act“ einem US-Gesetz von 2000, durch mehrere Beamte in Schlüsselpositionen vereitelt. Man schuf sozusagen ein Gesetz das es verhinderte Derivate zu regulieren, also zu kontrollieren. Im Jahr 2000 wurde die Finanzbranche nur von wenigen Firmen in den USA beherrscht. Das waren die Investmentbanken Goldman Sachs, Morgan Stanley, Lehman Brothers, Merrill Lynch und Bear Stearns, zwei Finanzkonglomerate „Citigroup“ und „JPMorgan Chase“, drei Versicherungen zur Absicherung AIG, MBIA, AMBAC und drei Rating-Agenturen Moodys,  Standard & Poors sowie Fitch. Die neue Freiheit machte es möglich, dass immer mehr abstruse Derivate erfunden wurden. Die Investmentbanken bündelten z.B. Hypotheken mit anderen Darlehen und Schulden in sogenannte „CDOs“ (Collateralized Debt Obligations) und verkauften sie an Investoren. Rating-Agenturen bewerteten diese Derivate oft mit hohen AAA-Werten. Sogenannte „Subprime-Darlehen“ führten zu kriminellen Kreditvergaben. Zum Beispiel wurden vielen Hausbesitzern Kredite gewährt obwohl jeder wusste, dass sie sie nie zurück zahlen konnten. Dieses Problem blieb aber nicht nur ein lokales in den USA, denn die CDOs wurden auch in der restlichen Welt verkauft. Die Gier nach hohen Zinsen und Gewinnen liess selbst seriöse Bankhäuser „in der alten Welt“ auf den Zug aufspringen und ihren Kunden Anteile verkaufen.

Teil 2: Die Blase 2001 bis 2007

Durch die Deregulierung konnten Kredite ohne ausreichende Sicherheiten vergeben werden. Dadurch wurde der Immobilienmarkt in den USA enorm angekurbelt. Menschen die sich früher nie ein eigenes Haus leisten konnten, wurden plötzlich Kredite gegeben und sie kauften Grundstücke und bauten Häuser. Bei den Banken veränderte sich das Verhältnis von „verliehenem Geld“ zu den „Einlagen“ in einem krassen Masse. War das Verhältnis früher noch bei 4 zu 1 gelegen, so lag es bald bei 50 zu 1.  Es war klar, dass Banken dann nie für geplatzte Kredite einstehen konnten. Gleichzeitig schuf die Finanzindustrie immer mehr abstruse und gefährliche Derivate. So zum Beispiel sogenannte CDS (Credit Default Swaps). Versicherungen auf die oben genannten CDOs. Sie sollten geplatzte CDOs absichern und wurden gleichzeitig als Wertpapier gehandelt. Man kann sich vorstellen welche Hebel in diesen Konstrukten lagen. Denn all diese Derivate waren miteinander verbunden. Wenn an dem einen Ende Hausbesitzer ihre Hypotheken Zinsen und Tilgungen nicht mehr bezahlen konnten, dann wirkte sich das auf die CDOs und dann auf die CDSs aus. Goldman – Sachs alleine verkaufte im ersten Halbjahr 2006 CDOs im Wert von 3 Milliarden US$. Goldman – Sachs sicherte diese Geschäfte auch in dem es darauf wettete, dass sie wertlos würden, obwohl sie ihren Anlegern versprachen das es Papiere mit hoher Qualität seien. Bei all dem Treiben schaute die US-Politik und Staatsbedienstete tatenlos zu oder verteidigte dieses Treiben und lobte es sogar. Bush-Clinton-Bush waren stolz auf das Wachstum das das Land auf einmal hinlegte. Alle wichtigen Rating-Agenturen in den USA bewerteten diese faulen Papiere und Machenschaften sowie Unternehmen mit besten Noten. Oft wurden drei A vergeben, obwohl klar sein musste das es nicht so sein kann. In 2000 gab es eine Handvoll AAA-Papiere, in 2006 rund 4’000.

Teil 3: Die echte Krise

Alles überhitzte sich Ende 2007. Der Markt für CDOs und CDSs brach zusammen. Die Werte für diese Papiere vielen ins Bodenlose. Auf einen Schlag hatten die Investmentbanken kein Geld mehr und sie verlangten die Gelder von den Kreditnehmern zurück. Viele konnten nicht zahlen und mussten ihr Haus verkaufen, verloren ihren Job und landeten auf der Strasse. Die grosse Rezession der Finanzbranche begann im November 2007, im März 2008 hatte die Bank Bear Stearns kein Geld mehr. Im September übernahm die US-Regierung mit Steuergeldern das Bankhaus Fannie Mae und Freddie Mac da sie kurz vor dem Zusammenbruch standen. Zwei Tage später brach Lehman Brothers zusammen. All diese Unternehmen hatten bis kurz vorher AAA und AA-Bewertungen von den Rating-Agenturen. Merrill Lynch musste von der Bank of America übernommen werden, sonst wären sie bankrott gegangen. Henry Paulson (US-Finanzminsiter unter W.Bush Jr.) und Timothy Geithner (US-Finanzminister unter Obama) entschieden, dass Lehman Brothers eine Insolvenz durchführen musste. Daraufhin brach der gesamte Markt für kommerzielle Wertpapiere zusammen. Am 17. September musst AIG, einer der grossen Rück-Versicherer, Insolvenz anmelden und wurde auch mit Steuergeldern von der Regierung übernommen. Gleich am nächsten Tag beantragte Henry Paulson und der Notenbankchef Ben Bernanke beim US-Kongress 700.000.000.000 US$ = 700 Milliarden US$ zur Rettung der Banken und Finanzinstitute im Land. Das globale Finanzsystem war gelähmt. Am 3. Oktober 2008 unterzeichnete Präsident Bush das „Troubled Asset Relief Program“ – ein Programm zur Rettung des Finanzmarktes, aber alle globalen Aktienkurse vielen weiter. Insolvenzen, Entlassungen und Zwangsvollstreckungen folgten im ganzen Land und auch teilweise auf der ganzen Welt. Die Arbeitslosigkeit stieg in den USA und einigen Ländern der EU auf 10 % und mehr. Viele grosse Unternehmen gingen Bankrott – so z.B. General Motors und Chrysler. Das Geld von vielen, ehrlichen Leuten war wie in einem Staubsauger bei wenigen Reichen gelandet, wo es heute noch immer liegt. Das schlimmste daran ist, dass es vom Volk gewählte Politiker und wenige Menschen aus der Finanzbranche waren, die diese Misere eingeleitet haben und sogar noch davon profitieren.

Teil 4: Die Verantwortlichen

Die Top – Führungskräfte vieler Banken und Finanzinstitute und auch viele leitende Angestellte wurde oft noch kurz vor der Insolvenz mit riesigen Abfindungen entlassen. Die unteren Ebenen wurden einfach rausgeschmissen. Viele der Top – Leute hatten vorher schon riesige Boni für ihre Arbeit und den Verkauf der Wertpapiere bekommen. Ihnen macht die Krise heute nichts aus, viele haben ihr Vermögen verzehnfacht. Die Banken die das Desaster überlebt haben, stehen heute besser denn je da – nicht zuletzt wegen der Hilfen mit Unsummen an Steuergeldern. Sie sind glücklich, dass der Markt bereinigt wurde und sie nun das Geschäft alleine machen können. Auch viele Professoren oder Berater aus namhaften Unternehmen, die die Regierung aber auch die Finanzinstitute beraten hatten, haben viel daran verdient und bekommen heute wieder Gelder für Beratung und Projekte. Die Politiker dieser Zeit werden nicht zur Verantwortung gezogen. Ankündigungen von z.B. Obama alle vor den Richter zu ziehen sind kläglich im Sande verlaufen.

Teil 5: Wo stehen wir heute

Viele Firmen mussten Mitarbeiter entlassen, sie haben heute oft kein Haus, keinen Job oder Essen mehr. Die Aussichten sind düster. Früher haben Studenten sich Geld geliehen um zu studieren und wussten, dass sie das Geld wieder zurück zahlen konnten, weil sie einen Job bekamen. Heute stehen viele Studenten mit riesigen Schulden da und finden nicht mal kleine Jobs. Sie werden lange mit riesigen Schulden leben müssen. Die Obama Administration hat keine Reformen des Finanzsektor durchgeführt. Die Praktiken der Rating-Agenturen verlaufen wie bisher, die Arbeit der Lobbyisten geht weiter als wäre nichts gewesen. Timothy Geithner wurde Finanzminister unter Obama. Feldstein, Tyson und Summers waren alle top Wirtschaftsberater von Obama. Ben Bernanke wurde zum Vorsitzende der FED wiedergewählt. Die EU hat weitgehend strenge Vorschriften für die Finanzbranche erlassen, die USA weigert sich bis heute etwas zu ändern.

Fazit

Es ist betrüblich zu sehen, dass die einst grösste und mächtigste Demokratie dieser Erde durch einige weniger Männer und Frauen dem Kapitalismus geopfert wurde. Eigentlich könnte man gleich im Anschluss einen weiteren Film drehen, der die heutige Situation und die Resultate aus dem Handeln der US-Administration in den Jahren von 1980 bis 2010 aufzeigt. Denn die Weltwirtschaft könnte ohne dieses Fehlverhalten weniger Menschen in den USA ganz anders da stehen. Die Wirtschaft würde blühen und es gäbe regen Handel rund um den Globus. Der Wohlstand jedes Einzelnen hätte sich verbessert. Der Druck der heute in vielen Firmen ausgeübt wird und die Mitarbeiter antreibt, kommt aus den Fehlentwicklungen dieser Zeit. Der Glaube an Gier und noch mehr Reichtum wirkt sich in einer globalisierten Welt in einer Kettenreaktion von Washington bis in das hinterste Eck der Mongolei aus. In vielen Häfen Chinas ging der Umschlag an Waren um 80 % zurück, weil die Menschen des grösste und mächtigsten Landes keine Produkte mehr kaufen können. Das Geld wurde vernichtet oder liegt auf den Konten weniger Männer und Frauen. Irgendwas kann da an den demokratischen Systemen nicht stimmen. Der Film ist sehr sehenswert und hat viele Auszeichnungen gewonnen. Zur Zeit ist er für mehr als 10 Auszeichnungen nominiert.

Link zum Film: Inside Job / Trabalho Interno (2010) Legendado PT

Link zum Buch „Inside Job“ von Charles Ferguson!

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