Wie die Amerikansierung Europa zerstört

Unter dem Begriff „Amerikanisierung“ versteht man den Kultur – und Verhaltenstransfer aus den USA in andere Länder. Laut Wikipedia:

Eines ist dabei entscheidend: Der als Amerikanisierung bezeichnete Kulturtransfer verläuft nur in einer Richtung, nämlich von den USA in andere Teile der Welt.

Einfacher gesagt, es werden Gebräuche, Sitten, Methoden, Produkte und Ansichten aus den USA in anderen Ländern übernommen. Diese Übernahme geschieht nicht immer bewusst und schon gar nicht freiwillig. Viele Menschen merken diesen Transfer nicht einmal, da er oft sehr langsam und subtil vonstatten geht. In vielen Bereichen ist es auch kein Ärgernis, wenn dieser Transfer stattfindet. Die Welt wird kleiner. Wir reisen viel und treffen viele unterschiedliche Menschen aus verschiedensten Kulturen. Da gehört ein gewisser Transfer der Kulturen dazu, er ist nicht abzuwenden und kann uns alle auch bereichern.

Es ist eher eine Frage der Macht und der Tiefe mit der eine Kultur eine andere beeinflusst. Oder auch mit Stärke und Brutalität. In europäischen Ländern wird oft so getan, als ob der Transfer der arabischen Kultur überhand nimmt und sich die Menschen dagegen wehren. Zum Beispiel sieht man das an der Diskussion der Integration von Muslimen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Europa stand schon immer näher an der arabischen Kultur und wurde dadurch stärker von ihr beeinflusst. Umgekehrt übrigens auch. Und das Jahrhunderte lang. Der Einfluss durch die USA und die damit einhergehende Amerikanisierung ist erst in den letzten Jahrzehnten stärker geworden, ja auch erst möglich geworden, da es die USA ja erst seit zwei Jahrhunderten gibt. Und manche möchten uns glauben machen, dass wäre gut so. Mit welcher Vehemenz bestimmte Menschen in den USA diesen Transfer voran treiben wird einem erst bewusst, wenn man ganz konkrete Beispiele erwähnt.

Quartalsdenken vs. Nachhaltigkeit

Lassen Sie uns dafür ein gutes Beispiel nehmen. Die Denkweise in kurzfristigen Erfolgen – oder Quartalsdenken vs. Nachhaltigkeit. In Europa wurde grundsätzlich in der Industrie und Politik über Jahrhunderte langfristig und nachhaltig gedacht, geplant und entschieden. Ein kurzfristiger Erfolg wurde nie als vernünftige Lösung eines Problems, eines Produktes oder einer Dienstleistung gesehen. Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel. Bis in die sechziger Jahre hinein haben europäische Länder nach diesen Prinzipien gehandelt, sind so gross geworden und es wurde auf dieser Basis die Zukunft gestaltet. Gerade heute wieder wird, besonders vor dem Hintergrund des Umweltschutzes, immer mehr Nachhaltigkeit gefordert. In den USA ist und war das immer genau anders herum. In den USA gilt eine schnelle, einfache Lösung sogar als besser, weil man ja weniger Energie dafür aufbringen muss. Auch wird dort kaum Entwicklung betrieben, wenn er denn nicht sein muss. So gibt es in den USA viel mehr Unternehmen die noch mit Methoden des letzten Jahrhunderts ihre Arbeit erledigen, als in anderen Teilen der Erde. Es gab und gibt keinen Bedarf um das zu ändern. In den Köpfen nicht und auch nicht aus Zugzwang. Zum Beispiel durch Konkurrenz. Viele Unternehmen in den USA gehen pleite, weil ihre Chefs keine Modernisierung betreiben, keine Rücklagen bilden für schlechte Zeiten und sich nicht weiterbilden etc. – sie denken nur kurzfristig von 12 bis Mittag. Diese Denkweise hat sich auf alle Verhalten ausgedehnt, wird in Gesetzen widergespiegelt und zum Basiswissen für Kinder. Die grossen Problem der USA haben genau mit dieser Einstellung zu tun.

Schnell Gewinn, egal was nach uns kommt!

Nun kommen wir zu einem Punkt wo dieses Verhalten uns – im Rest der Welt – negativ beeinflusst. Traditionell wurden früher Aktiengesellschaften gegründet, weil eine einzelne Person meist zu wenig Geld hatte um eine grosse Unternehmung zu starten und weiter zu entwickeln. Man lieh sich Geld von Aktionären und arbeitete damit. Brachte es Gewinn ein, wurde dieser anteilsmässig an die Aktionäre ausgezahlt. Das geschah, je nach dem wie gut es dem Unternehmen ging, einmal pro Jahr. Damit auch alle glauben konnten, dass ihr Anteil die richtige Höhe hatte, wurden Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen eingeführt. Jeder konnte sehen, wie sich das Unternehmen zusammensetzte, sein Gewinn berechnet wurde und das alles mit rechten Dingen zuging. Die Zeitdauer von einem Jahr hielt man aus vielen Gründen für richtig. Sie war lang genug damit Verantwortliche ihre Pläne umsetzen konnten und nicht ständig unter Beweisnot gerieten, aber sie war auch kurz genug, damit die Aktionäre den Überblick und die Kontrolle behielten.

In den USA wurde das immer schon anders gesehen. Man wollte dort das Aktiengesellschaften schnelle Erfolge vorweisen konnten, damit man schnell einen Gewinn ausgezahlt bekam. Also verlangte man von den Unternehmen, dass sie jedes Quartal, also alle drei Monate eine Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnungen vorlegten. Natürlich wurden auf dieser Basis immer schon die Verantwortlichen ausgewählt, die kurzfristig einen Erfolg herbei führen konnten und nicht die die langfristig für das Unternehmen dachten und handelten. Die meisten Forschungserfolge aus den USA stammen von mutigen Einzelunternehmern, Universitäten oder von Unternehmen die durch ihre Gründer geleitet wurden und sich nicht durch Quartalsdenken beeinflussen liessen. Sobald sie aber zu Aktiengesellschaften wurden, änderte sich das und die Erfolge liessen nach.

In Europa waren Planungszeiträume von fünf, zehn oder sogar zwanzig Jahren üblich. Kurzfrist-, mittelfristige und langfristige Planung nannte man das. In den USA reichte eine Planung von drei Monaten, einem halben Jahr oder einem Jahr. Man stand auf dem Standpunkt, man können darüber hinaus sowieso nicht wissen was geschieht. Ausserdem interessierte es die Aktionäre nicht. Also liess man solche Überlegungen gleich wegfallen. Man achtete lieber auf den Aktienkurs, also den Wert der Aktie, der durch die Gewinn- oder Verlustmeldungen und Nachrichten bestimmt war und bis heute ist. Die ersten negativen Ergebnisse konnte man in den 1930er Jahren sehen. Da brach die US-Börse katastrophal zusammen. Vielen Menschen nahmen sich das Leben, weil sie alles über Nacht verloren hatten. Die Wirtschaft wurde so stark getroffen, dass sie sich Jahrzehnte lang nicht erholen konnte. Hohe Arbeitslosigkeit war die Folge und ein Krieg war ein willkommenes Aufbauprogramm. Nach wie vor halten die Amerikaner an ihrer kurzfristigen Denkweise fest. Bis heute – die Ergebnisse können wir täglich sehen und die Bürger in den USA werden dafür lange bezahlen müssen.

Werden wir alle zu „Lonesome Rider“?

Jetzt könnte man aber sagen, was hat das alles mit uns zu tun? Mit einem Kultur-Transfer? Das will ich Ihnen sagen. Wollen heute internationale Aktiengesellschaften wachsen, so brauchen sie Kapital. Das müssen sie sich auf der ganzen Welt von Investoren holen. Wenn man aber in den USA Aktien handeln möchte, muss man auch die Richtlinien einhalten die in den USA verlangt werden. Das sind z.B. Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen die jedes Quartal nach US-Recht vorgelegt werden müssen. Da der Aufwand zu gross wäre, einmal nach europäischem Recht Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen pro Jahr aufzustellen und daneben noch nach US-Recht Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen pro Quartal, entscheiden sich die meisten Unternehmen aus Europa oder Asien für die US-Variante und berichten alle drei Monate. Eigentlich wäre das alleine ja nicht so schlimm. Das Problem aber ist, dass sich europäische und asiatische Unternehmen auch aufgrund dieser Beweislast entsprechend verändern. Früher waren Unternehmenslenker gefragt, die mit Weitblick die Unternehmen leiteten. Die Führungsetagen der Unternehmen waren besetzt mit ihnen und erst in der zweiten oder dritten Ebene wurde stärker auf die aktuellen, operativen Ereignisse gesehen. Durch die Art wie in den USA gemessen wird, waren aber nun andere Leute gefragt und die Strukturen mussten sich verändern. Wo früher Qualität, Nachhaltigkeit und Lebensdauer stand, steht heute Gewinn, Marktanteil und niedrige Kosten im Vordergrund. Entsprechend andere Mitarbeiter müssen eingestellt werden oder alte Mitarbeiter müssen um-erzogen werden, damit sie diesen Anforderungen gerecht werden. Die Unternehmen werden vollkommen umgekrempelt. Da wo früher soziales Miteinander stand, welches durch die Kultur in Europa geprägt war, steht heute ein komplett anderes Konkurrenzsystem. Europa hat wohlweislich aus allen Kriegen gelernt, dass man nur miteinander und gemeinsam menschlich vorwärts kommt. In den USA war das schon immer das Gegenteil. Der harte „Lonesome Rider“, der knallharte Einzelgänger, der alle Erfolge alleine erreicht, ist für viele das grosse Vorbild in den USA. Und über die Einführung der Quartalsberichte wird dieses System in die alten Länder transferiert.

Europa ein Anhängsel der USA?

Man sollte eigentlich meinen, dass die alten Länder auch so viel Selbstbewusstsein angesammelt hätten, um sich gegen diese Verschiebung zu wehren. Dem ist aber nicht so. Die USA ist oder war bisher einfach aufgrund der Grösse massgebend und konnte sich durchsetzen. Jetzt mit der EU und anderen grossen Ländern wie China und Russland im Aufwind, ändert sich das langsam. Trotzdem wird die „Amerikanisierung“ hier immer noch voran getrieben. Eine schleichende Untermischung von ehemalig US-Angestellten bevölkern auf einmal Deutsche, Französische und Italienische Grossunternehmen. Oft beherrschen sie die Landessprache nicht einmal und sind fachlich ungeeignet. Sie werden in Positionen eingeführt um die Übernahme der Unternehmen voran zu treiben. Ein ganz gutes Beispiel sieht man bei den grossen Elektrounternehmen. Durch die Globalisierung müssen grössere Unternehmen entstehen, damit man gegen ähnlich grosse in Zukunft gewappnet ist.  Das hat eine richtige Rallye für eine Übernahmeschlacht erzeugt. Nun geht das aber heute nicht mehr so leicht, man kann nicht einfach so einen Milliarden schweren Konkurrenten aufkaufen. Also was macht man. Man infiltriert ihn mit den eigenen Leuten und richtet dann das Kerngeschäft so aus, dass es dem Mutterkonzern nicht mehr stört und es sogar ergänzt. Die Aktionäre kommen dann schon selber auf die Idee, dass es besser wäre wenn A und B fusionieren sollten. Und damit wird die amerikanische Art Business zu betreiben auch hier manifestiert. Europa täte gut daran sich seiner alten Tugenden zu besinnen und wieder auf solide Wirtschaftspolitik mit langfristigem Denken zu setzen. Dazu käme eine Ausrichtung gegen Osten und Süden sehr gelegen.

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